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Übersetzungsbüro FRONT RUNNER Berlin – Englisch Übersetzer

INTERVIEW MIT MARTINA – EINER DEUTSCH-ITALIENISCH ÜBERSETZERIN AUS DER NÄHE VON KARLSRUHE

Martina ist in der Nähe von Cremona (Italien) aufgewachsen, hat in Italien und Deutschland studiert und lebt mit ihrem Verlobten in Karlsruhe.

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INTERVIEW MIT MARTINA – EINER DEUTSCH-ITALIENISCH ÜBERSETZERIN AUS KARLSRUHE

Martina ist in der Nähe von Cremona (Italien) aufgewachsen, hat in Italien und Deutschland studiert und lebt mit ihrem Verlobten in Karlsruhe.

Martina, bevor wir über deine Arbeit sprechen, würde ich gerne von dir erfahren, wie du nach Deutschland gekommen bist.

Ich habe meinen Bachelor in Sprachwissenschaften (Englisch und Deutsch) in Bergamo gemacht und wusste danach nicht sofort, was ich damit machen wollte. Deshalb habe ich mir ein Sabbat-Jahr gegönnt und bin als Au -pair nach Deutschland gekommen, um die Sprache zu lernen, die Kultur zu verstehen und vor allem etwas Neues zu erleben. Und dann hat es mir hier so gut gefallen, dass ich geblieben bin.

Warum hat du dich nach den Sprachwissenschaften für's Übersetzen entschieden?

Als ich als Au-pair in Aachen war, habe ich dort einen Sprachkurs für Deutsch gemacht und da war ein Spanier, der sagte, dass er in Germersheim Übersetzung studieren will. Übersetzen war schon immer ein Bereich, den ich mir gut vorstellen konnte und so habe ich angefangen, in Germersheim Übersetzung zu studieren und dort auch meinen Master gemacht.

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Gab es etwas, was du damals an den Deutschen komisch fandest?

Dadurch, dass ich mit einer deutschen Familie gelebt habe, war das erste was mir auffiel, wie anders man hier wohnt und das Konzept der einen warmen Mahlzeit. Als ich das gehört habe, war das für mich wirklich unvorstellbar. In Italien machen wir uns keine Gedanken darüber, ob das Essen warm ist. Das Abendbrot und die Uhrzeiten zu denen gegessen wird, waren für mich total komisch. Die Deutschen essen auch viel früher als die Italiener. Bei uns in Italien geht das Abendessen ab 20 Uhr los.

Was ich super fand, war, dass ich abends als Frau weggehen und Bus fahren konnte, ohne Angst zu haben, dass mir was passiert. Das war völlig normal und ich musste mir keine Gedanken machen. In meinem Heimatort in der Nähe von Cremona fahren abends nicht viele Leute mit der Bahn und es passieren viele schlimme Dinge. Deswegen dauern die Nachrichten bei uns auch viel länger als in Deutschland und dadurch man hat mehr Angst. Aber hier ist das zum Glück ganz anders: Die Busse sind auch abends voll von Studenten. Ich war als junge Frau alleine unterwegs, aber hatte nie das Gefühl, dass ich alleine war und deswegen eine Gefahr besteht, wenn ich um 3 Uhr nachts von einer Party nachhause fahre. Wenn ich in Italien abends um 20 Uhr mit dem Zug in meinem kleinen Dorf ankam, dann war das schon ein bisschen unheimlich.

Am Anfang waren meine Sprachkenntnisse relativ begrenzt. Dadurch, dass ich bei einer deutschen Gastfamilie gewohnt habe, wurde ich zwar ins kalte Wasser geschmissen, aber das war das Beste, was mir passieren konnte: Das hat mich zwar motiviert zu sprechen, und mich gleichzeitig auch in meine neue Welt katapultiert. So konnte ich selber mit den Deutschen und wie die Deutschen leben. Hätte ich einfach nur hier studiert, hätte ich das alles nur von außen gesehen und mir gedacht: „Guck mal, wie die leben“. Aber so habe ich es direkt von innen erfahren und live miterlebt. Das ist etwas völlig anderes. Dadurch war ich gezwungen, mitzumachen, damit die Sachen funktionieren und habe so einen anderen Blick auf die Dinge bekommen.

Wie kommt es, dann die Leute in Italien bis 30 oder 40 zuhause wohnen?

Die Italiener finden es für die menschliche Entwicklung nicht so wichtig, schon mit 18 oder 20 auszuziehen. Als ich nach Deutschland gekommen bin, waren alle schon mit ca. 18 schon ausgezogen. In Italien hat das auch etwas mit den Finanzen zu tun. Die Italiener finden, dass Miete reine Geldverschwendung ist, weil ausziehen und eine Wohnung mieten eben Geld kostet und das sehen die Italiener einfach nicht ein, wenn es nicht unbedingt sein muss. Die Kinder wollen ihre Eltern finanziell auch nicht so gerne belasten. In Italien ist es so, dass man ein Haus für’s Leben kauft und eher nicht mietet. Also wohnt man, bis man den Richtigen gefunden hat, bei den Eltern und kauft sich dann zusammen ein Haus. Für mich und meine Eltern war es sehr schwierig als ich mit 22 von zuhause ausgezogen bin, um nach Deutschland zu gehen und das war für mich und meine Eltern sehr emotionaler Moment. Meine Freunde aus Italien haben auch bis sie 27 oder 30 Jahre alt waren bei den Eltern gewohnt, bis sie sich zusammen mit ihrem Partner ein Haus gekauft haben. Heute würde ich es auch jedem in Italien empfehlen, früher auszuziehen und sein Leben zu leben.

Was genau gefällt dir am Übersetzen?

Ich genieße meine Rolle als Brücke zwischen zwei Kulturen. Mit gefällt das, weil ich das Gefühl habe, dass es um viel mehr geht als nur um das Transportieren von Inhalten, sondern darum, zwei Welten einander näher zu bringen. Ich finde es auch spannend, in eine völlig andere Welt einzutauchen und das gewohnte Terrain zu verlassen. Bevor ich mich als freiberufliche Übersetzerin selbständig gemacht habe, habe ich in einer italienischen Firma in Deutschland als Übersetzerin für den deutschen Vertrieb gearbeitet und mich da auf Maschinenbau und später auch auf Recht spezialisiert. Beim Übersetzen kommt in Welten, die man sich von außen nie hätte vorstellen können. Es steckt soviel interessantes hinter den Kulissen Recht und Maschinenbau, so viele andere hochspezialisierte Nischen, die mit der Herstellung einer Produktionsanlage zusammenhängen wie Automatisierung, Elektronik, Lackierung, Messgeräte usw. – und das finde ich ultra spannend und abwechslungsreich.

Maschinenbau ist nicht gerade ein typisches Frauenthema. Wie bist du denn in diesen Bereich von vor allem an deinen ersten Job gekommen?

Das Thema Maschinenbau hatte ich mir schon im Studium für den Kurs Fachübersetzen ausgesucht, weil ich ihn spannender und konkreter fand als zum Beispiel Wirtschaft und Finanzen. Die Themen sind abstrakter und nüchterner und das liegt mir mehr als kreative Übersetzungen im Bereich Marketing oder Literatur. Maschinenbau und Recht sind Übersetzungen, die mir gut gelingen und die ich interessant finde.

In das Unternehmen bin ich quasi durch Zufall reingerutscht, weil es ein Unternehmen aus meinem Dorf in Italien ist, bei dem mein Vater damals gearbeitet hat. Dort habe ich mein Praktikum in der Übersetzungsabteilung gemacht. In der Zeit, in der ich mein Studium abgeschlossen habe, hat das Unternehmen eine Niederlassung in Karlsruhe eröffnet. Der Chef meines Vaters hat erfahren, dass ich quasi auf Jobsuche war, hat mich dem Niederlassungsmanager vorgestellt und einen Monat später hatte ich eine schon Stelle. Das Design und die Produktion der Maschinen waren in Italien, aber eine große Zahl von Kunden war in Deutschland und so musste man den italienischen Kollegen dabei helfen, die Konzepte und Ideen nach Deutschland zu bringen und dort zu präsentieren.

Bist du Mitglied im BDÜ und wenn ja, wieso hast du dich dafür entschieden?

Zum BDÜ bin ich so wie viele andere auch über das Studium gekommen. Der BDÜ hatte sich damals in der Uni präsentiert und war bei kleineren Messen da. Ich habe mich daher direkt nach dem Studium dort angemeldet, weil die Mitgliedschaft im BDÜ für mich eine Art Qualitätssiegel war und das auch so von der Umwelt wahrgenommen wird. Außerdem wollte ich netzwerken, mit anderen Übersetzern ins Gespräch kommen (das habe ich bis heute nicht wirklich geschafft), in der Datenbank stehen und Zugang zu den vielen Ausbildungsmöglichkeiten haben. Das fand ich am Anfang interessant, obwohl ich nicht wusste, ob es sich lohnt. Und tatsächlich habe ich gleich am Anfang Kunden über den BDÜ bekommen.

Wie kommst du mit der Einsamkeit als Übersetzerin klar?

Meine Freunde haben alle einen festen Job und feste Arbeitszeiten. Was mir von meinem früheren Arbeiten in einem Unternehmen fehlt, ist es, gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten und eine gemeinsame Mittagspause zu haben. Ich fände es jetzt schöner, mal abzuschalten und mich mit Kollegen über die Arbeit oder andere Sachen auszutauschen, weil ich dann wieder mit mehr Energie zurück an die Arbeit gehen würde. Daher wünsche ich mir für die Zukunft ein Netzwerk von Übersetzern, mit denen ich über den Beruf und den Alltag reden kann. Z.B. gibt es Tage zwischen Feiertagen, an denen keine Aufträge kommen und dann wäre es schön, andere Übersetzer zu kennen, die sagen "Ja, das ist bei mir auch so und „Da musst du dir keine Sorgen machen, komm lass uns zusammen einen Kaffee trinken gehen oder gemeinsam an einem Projekt arbeiten". Auf der anderen Seite ist man gerade, wenn man die gleiche Sprache abdeckt, immer auch ein bisschen Konkurrenz und kann nicht wirklich konkret über die Projekte reden.

Ich kenne zwar Facebook-Gruppen, in denen man Kollegen kennenlernen kann, aber dort sind leider zu oft Übersetzer im Kampfmodus, die es einem verleiden, irgendwelche Kommentare abzugeben. Wenn es zum Beispiel darum geht, dass es einen Kunden gibt, der x Cent pro Wort bietet und man fragt dann, ob das in Ordnung ist, dann kommen sehr schnell sehr harte Hass-kommentare. Es gibt da sehr aggressive Menschen, die den Beruf um alles in der Welt schützen wollen und das ist auch ok, aber manche Kommentare sind überhaupt nicht zeitgemäß. Sie haben Preise im Kopf, die nicht mehr aktuell sind, aber vor allem die Art und Weise, wie sie sich ausdrücken ist einfach nicht kollegial. Das macht schon ein bisschen Angst. Entsprechend habe ich dann nicht soviel Lust, mich dort zu beteiligen. Wer Post-Editing macht, wird runtergemacht oder manche sagen, wer CAT-Tools nutzt, darf sich gar nicht erst Übersetzer nennen. Das ist mir zu radikal.

Was hältst du von Post-Editing und von KI? Hast du Angst, dass dir das irgendwann den Job wegnehmen wird?

Mit dem Thema KI und Post-Editing haben wir schon seit einigen Jahren zu tun. Ich glaube, Corona hat dem Ganzen einen Boost gegeben als alle alleine alleine vor dem PC saßen und die Kommunikation trotzdem laufen musste.
Es gibt sehr viel Unternehmenskommunikation, die einfach und schnell mit DeepL übersetzt werden kann und das auch gut. Man braucht nicht für jeden Text einen professionellen Übersetzer. Eine kurze E-Mail über Kommentare auf Deutsch zu einer Maschine kann der italienische Ingenieur innerhalb von Sekunden auf Deutsch mit DeepL grob übersetzen und ich finde das auch richtig so. Es gibt Dokumente, die es sich lohnt, professionell zu übersetzen und es gibt Kommunikation, die die KI problemlos übernehmen kann. Ich finde auch, dass KI meine Effizienz als Übersetzerin durchaus verbessert. So bin ich bei der Preisgestaltung viel flexibler und kann für jeden das Richtige in Bezug auf Qualität und Preis anbieten. Das erscheint mir für beide Seiten gut. Interne Nutzung, kleines Budget, schnelle Lieferung: Kann ich machen und es rentiert sich trotzdem für mich. Ich finde es gut und habe mit dem Fortschritt und den Veränderungen, die das Leben mit sich bringt, keine großen Probleme. Meine Arbeit ist dadurch nicht schlechter, sondern häufig schneller. Ich bin erst seit 2017 Übersetzerin und die KI ist relativ schnell in mein Leben getreten – darum fühle ich mich davon nicht so sehr bedroht. Für Übersetzer, die schon seit Jahrzehnten ohne KI in diesem Beruf gearbeitet haben, ist das sicher anders.
Da ich außerdem auch gerichtlich vereidigt bin, sehe ich für meine Zukunft sowieso kein Problem, denn jemand muss für diese Übersetzungen auch in der Zukunft haften und das ist bei KI ja ausgeschlossen. Und gerade wegen dieser Haftungsfrage glaube ich, dass es Bereiche gibt, in denen die KI nicht mithalten kann. Das sind kreative Texte wie Werbe-/Marketing-Materialien oder Texte wie Bedienungsanleitungen, wo man sich einfach keinen Fehler erlauben darf, weil es sonst richtig teuer wird.

Woher kommen deine Kunden?

Ich bin ja wie gesagt im BDÜ und habe mich beeidigen lassen – ich glaube 90% meiner Kunden sind durch die Beeidigung gekommen. Als Erstes durch den BDÜ, zweitens durch das Konsulat und drittens über meine Website – und tatsächlich kommen auch einige durch Mundpropaganda. Ich unterrichte nämlich auch Italienisch und Deutsch (unter anderem auch um aus dem Haus zu kommen, lacht) und da gibt es immer mal Leute, die in einem Unternehmen arbeiten, das Übersetzungen braucht.

Stehst du noch hinter deiner Entscheidung, Übersetzer zu werden?

Ja, ich habe schon übersetzt, sein es in einer festen Anstellung oder im Rahmen meiner Selbstständigkeit. Dank der festen Anstellung konnte ich in der Zeit in meinen Kundenstamm investiert und nach fünf Jahren hatte ich genug Kunden, von denen ich leben konnte. Ich stehe daher immer noch hinter meiner Entscheidung, Vollzeit in die Selbständigkeit zu wechseln das feste Gehalt zu verlassen. Dass Übersetzen mein Beruf ist, das habe ich nie in Frage gestellt. Ich mache das jetzt seit insgesamt sieben Jahren und bin noch immer glücklich damit

Welche CAT-Tools nutzt du und warum hast du dich dafür entschieden?

Ich benutzte SDL Trados – die Standard-Lösung vom Studium. Es ist selten vorgekommen, dass jemand etwas anderes gebraucht hat. Mit MemoQ habe ich zwei Mal gearbeitet. Da hat der Kunde seine Lizenz zur Verfügung gestellt. Wenn ich selber größere Projekte habe, bei denen ich mit anderen Kollegen zusammenarbeite, dann nutze ich Phrase – das gefällt mir am besten, sogar besser als Trados, weil es flexibler ist. Wenn ich nur mit Phrase arbeiten könnte, wäre ich besonders glücklich. Phrase ist der Nachfolger von Memsource, einer browser-basierten Lösung, bei der der Projektmananger eine Lizenz für alle Übersetzer zur Verfügung stellt, die an dem Projekt arbeiten. Das heißt, man muss als Übersetzer in der Regel nie etwas kaufen, das finde ich sehr praktisch. Auch den Fakt, dass es browser-basiert ist, finde ich genial, denn dazu muss man nichts runterladen. Das hat den Vorteil, dass es keine Kompatibilitätsprobleme gibt und Updates direkt installiert werden. Außerdem hat es eine super Schnittstelle für KI und auch ganz viele Quellen und wenn man etwas abspeichert, kriegen es alle mit. Für mich ist das das modernste von dem, was es im Moment gibt und von dem, was ich kenne.

Was würdest du Leuten empfehlen, die sich für das Übersetzen interessieren?

Erstmal sollte man sich überlegen, ob man sich vorstellen kann, selbständig zu werden, denn es gibt Sprachkombinationen für die die Selbständigkeit ein Muss ist, wie jetzt zum Beispiel Italienisch-Deutsch, und es gibt Sprachen, bei denen man auch in einem Unternehmen arbeiten kann, wie Englisch oder Französisch. Das wäre für mich das erste Kriterium. Und das Zweite: Bin ich bereit, in dem Land, in dem die Sprache gesprochen wird, auch Zeit zu verbringen. Das ist für mich ein Muss. Ich habe zwar auch Englisch studiert, aber ich würde z.B. keine englischen Filme übersetzen, weil ich weder in England noch in Amerika Zeit oder einem anderen englischsprachigen Land Zeit verbracht habe. Ich kenne mich mit der deutschen Kultur aus und weiß, was die Menschen wirklich meinen, wenn sie etwas sagen.
Gut wäre es auch, vorher in einem Unternehmen zu arbeiten, denn ich glaube, das ist das, was bei vielen Übersetzern fehlt: Zu verstehen, wie ein Unternehmen grundsätzlich funktioniert, welche Prozesse bei der Preisgestaltung mitwirken und das lernt man am besten, indem man auch davon ein Teil gewesen ist.

Ansonsten finde ich es wichtig, neben der einsamen Arbeit Hobbies und einen funktionierenden Freundeskreis zu haben.

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