Der Kampf der Gerichtsdolmetscher: Österreichisches Justizministerium setzt auf externe Agentur für Übersetzungen

Gerichtsdolmetscher während einer Verhandlung mti dem Angeklagten bei Gericht
Für den Österreichischen Verband der Gerichtsdolmetscher (ÖVGD) betreibt das Justizministerium mit dieser Entscheidung eine "Entprofessionalisierung des Gerichtsdolmetscherwesens".

23.03.2024 | von Evarella

Ein neuer Erlass des österreichischen Justizministeriums verändert die Landschaft für Gerichtsdolmetscher

Die Entscheidung des österreichischen Justizministeriums, Gerichte und Staatsanwaltschaften zur Nutzung einer zentralen Übersetzungsstelle und einer Vermittlungsagentur zu befähigen, hat einen Sturm der Empörung ausgelöst. Während das Ministerium behauptet, dass dies die Effizienz und Einheitlichkeit fördert, sehen sich Gerichtsdolmetscher vom Österreichischen Verband der Gerichtsdolmetscher (ÖVGD) als Opfer einer "Entprofessionalisierung des Gerichtsdolmetscherwesens".

Die Bedenken der Gerichtsdolmetscher

Der ÖVGD befürchtet, dass die gerichtlich zertifizierten Dolmetscher durch den Erlass aus dem Geschäft gedrängt werden. Insbesondere wird die Rolle einer Vermittlungsagentur kritisiert, die Dolmetscher zu weit unter den gesetzlich festgelegten Tarifen beschäftigt.

ÖVGD-Vorstandsmitglied Elisabeth Frank-Großebner soll dies wie folgt kommentiert haben: "Es geht nur ums Kostendrücken." Sie berichtete laut Salzburger Nachrichten von Fällen, in denen Justizübersetzer lächerlich niedrige Angebote erhalten haben, wie etwa 40 Cent pro Zeile im Vergleich zu den gesetzlich festgelegten 1,5 Euro pro Zeile.

Qualifikation und Qualitätssicherung

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Qualifikation und Qualitätssicherung der Übersetzer, die von der Vermittlungsagentur eingesetzt werden. Während das Justizministerium betont, dass die Agentur qualifizierte Fachkräfte mit mehrjähriger Berufserfahrung und juristischer Expertise einsetzen wird, äußern Dolmetscher Bedenken darüber, wie diese Qualifikationen überprüft werden sollen. Yasin Elbizanti, ein Gerichtsdolmetscher für die arabische Sprache, merkt an, dass der Dolmetscher-Verband ausreichende Fachkräfte für die anfallenden Übersetzungstätigkeiten bereitstellt und der Schritt des Ministeriums unnötig sei.

Das sagt das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (SDG)

Die Bestellung von Gerichtsdolmetschern ist ein höchstpersönliches Recht von Richtern. Das Anbot zur (entgeltlichen) Vermittlung von Gerichtsaufträgen ist gemäß § 14 Z 4 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (SDG) verboten.
§ 14 Z 4 SDG lautet:

§ 14. Für den Dolmetscher gilt der II. Abschnitt mit Ausnahme des § 2 Abs. 2 Z 1 Buchstaben b, f und i sowie des § 2a mit den Besonderheiten sinngemäß,

[…]

4. dass jegliche Anführung von Sprachkenntnissen, welche von der Zertifizierung des Dolmetschers nicht umfasst sind, jedenfalls verbotene Inhalte im Sinne des § 3a Abs. 7 darstellen, gleiches gilt für das Anbot zur (entgeltlichen) Vermittlung von Gerichtsaufträgen;

Fazit: Eine Herausforderung für die Branche

Die Entscheidung des Justizministeriums zur Neuausrichtung der Übersetzungsdienste stellt eine bedeutende Veränderung für die Gerichtsdolmetscher in Österreich dar. Während das Ministerium die Maßnahme als notwendigen Schritt zur Verbesserung der Effizienz und Sicherheit verteidigt, sehen Gerichtsdolmetscher darin eine Bedrohung für ihre Existenzgrundlage und eine Gefahr für die Qualität der Übersetzungen in der Justiz. Die Debatte über die Zukunft der Gerichtsdolmetscher und die Standards für Übersetzungsleistungen wird zweifellos weitergehen, da die Branche mit den Herausforderungen einer sich wandelnden Arbeitsumgebung konfrontiert ist.

Quelle: Salzburger Nachrichten
Bestätigt per Email durch: ÖVGD – Mag. Elisabeth Prantner-Hüttinger
0664/76 44 507, elisabeth.prantner@aon.at